Abschied nach über 40 Jahren

Abschied nach über 40 Jahren


Nach 45 Jahren Engagement und Pionierarbeit verlassen die Elisabethen-Schwestern Sr. Lucia Corradin, Sr. Erika Nobs und Sr. Gemmalisa Mezzaro das Caritas Baby Hospital. Sie werden bei ihrem Mutterorden in Italien gebraucht.

Die Präsenz der Schwestern hat die christliche Ausrichtung des Caritas Baby Hospitals all die Jahre unterstrichen. Bei den Mitarbeitenden im Krankenhaus aber auch bei den Menschen in der Region wurden die Frauen sehr geschätzt. Mit ihrem Wissen und großen Engagement haben sie zahlreiche Leben gerettet, Hoffnung gespendet und einen nachhaltigen Beitrag zu der hohen Qualität der pflegerischen Leistungen im Caritas Baby Hospital geleistet.

Im Gespräch mit Livia Leykauf (LL) erzählt Schwester Schwester Erika Nobs (EN), was sie mit dem Caritas Baby Hospital, den Menschen vor Ort und ihrer Zeit in Bethlehem verbindet. Bevor sie dem Orden beitrat, arbeitete Schwester Nobs bereits im Kinderkrankenhaus. Nach einem langjährigen Einsatz in Afrika kehrte sie nach Bethlehem zurück. 

LL   Wie war Ihr erster Einsatztag im Caritas Baby Hospital, als Sie nach 15 Jahren in Afrika zurückkamen?
EN  Ich war gerührt, wie viele sich noch an mich erinnerten. Der herzliche Empfang und die Wiedersehensfreude haben mich ermutigt - die Aktenberge in meinem neuen Büro erschreckten mich hingegen.   

LL  Wie hat sich das Kinderkrankenhaus seither verändert?
EN  Bei meinem ersten Einsatz hatten wir oft unterernährte Kinder. Die Eltern brachten sie zu Beginn des Winters zu uns und holten sie im Frühling wohlgenährt wieder ab. Heute ist es ein modernes Krankenhaus mit spezialisierten Fachärzten. Zwischen meinem ersten und zweiten Aufenthalt in Bethlehem war das Gebäude umgebaut worden, es gab einen zweiten Stock, mehr Platz für die Mütter. 

LL   Welche Aufgaben haben Sie besonders gern übernommen?
EN  Für mich standen immer jene Kinder im Zentrum der Aufmerksamkeit, die schwerst krank waren oder die niemand besucht hat. Ich habe sie gefüttert, im Arm gehalten und sie spüren lassen, dass sie nicht alleine sind. Wenn Kinder im Sterben lagen, dann habe ich versucht, bei den Eltern zu sein, auch wenn wir nicht viel miteinander sprechen konnten. 

LL   Sie sind vielen kranken Kindern und ihren Eltern begegnet. Woran denken Sie besonders gern zurück? 
EN  Bis heute bin ich mit einer Mutter in Kontakt, die mich sehr beeindruckt hat. Sie hatte drei Kinder mit einer schweren Erbkrankheit. Besonders an die Kleinste, die Tutu genannt wurde, erinnere ich mich sehr gut. Sie war ein wirklich süßes Mädchen. Aber wie ihre Geschwister ist auch sie noch als Kleinkind gestorben. Ich habe großen Respekt, wie die Eltern dieses Leid, diesen Schmerz getragen haben. Ein ganz besonderer Moment war auch der Besuch von Papst Papst Benedikt XVI. im Jahr 2009. Er hatte keinerlei Berührungsängste, ließ sich auf die Menschen ein, war beeindruckt von der Arbeit im Krankenhaus. 

Abschied von den Elisabethinen-Schwestern
Abschied von den Elisabethinen-Schwestern

LL   Was war in dieser Zeit besonders belastend/schwierig? 
EN  Für mich war es unerträglich, wenn aufgrund der politisch angespannten Lage schwerst kranke Kinder nicht von Bethlehem nach Jerusalem in eine andere Klinik verlegt werden konnten. Die Verhandlungen waren oft zermürbend und dauerten manchmal so lange, dass wir die Kinder verloren haben. Das macht mich noch heute wütend und traurig. Manchmal gab es auch im Team Spannungen wegen der interkulturellen Unterschiede. 

LL   Was wünschen Sie den Mitarbeitenden und Familien von Bethlehem für die Zukunft? 
EN  Ich habe die Menschen in der Region immer als Persönlichkeiten erlebt, die trotz aller Schwierigkeiten, Probleme und Sorgen nicht aufgeben. Ich wünsche den Familien, dass sie nicht an der Realität in Palästina zerbrechen, sondern den Mut haben, ihre Leben weiter zu gestalten. Den Mitarbeitenden des Caritas Baby Hospitals wünsche ich, dass sie sich weiterhin mit vereinten Kräften für das Wohl der Patientinnen und Patienten einsetzen. Ich möchte den Menschen aber auch danken für alles, was ich von ihnen gelernt habe. Zum einen, nicht aufzugeben, resilient zu sein. Zum anderen zu vertrauen. Dafür danke ich den Mitarbeitenden, den Eltern und all den anderen, denen ich in den vielen Jahren begegnet bin. Ich wünsche ihnen Gottes Segen.

LL   Was hat es für Sie als Ordensfrau bedeutet, in Bethlehem zu arbeiten?
EN  Arbeiten zu dürfen, wo Jesus zur Welt kam, ist eine Gnade, ein besonderes Geschenk. Das Gebet in der Geburtsgrotte war für mich immer sehr stärkend. Ich konnte viele Sorgen um die kranken Kinder dort in die Hand Gottes legen übergeben.

LL   Gibt es einen Gegenstand, den Sie aus Bethlehem zur Erinnerung mit nach Italien nehmen? 
EN  Ein Stickbild aus Bethlehem liegt mir sehr am Herzen. Und dann nehme ich noch ein paar winzige Steinchen mit, die ich in einem nicht öffentlich zugänglichen Seitengang hinter der Geburtsgrotte gefunden habe. Und all die Bilder von wunderbaren Orten, an denen ich mit der Bibel auf den Spuren Jeus gegangen bin, am See Genezareth, in der Wüste – unvergesslich.

 

Film-Tipps zum Thema: 

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Die Schwestern liegen allen sehr am Herzen. Mit diesem rührenden Video haben sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Caritas Baby Hospitals nun von ihnen verabschiedet.

Auch das "Christian Media Center" hat den eindrücklichen Filmbeitrag "Eine Oase des Friedens"  über das Caritas Baby Hospital und die Verabschiedung der Schwestern veröffentlicht.

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