Honey Thaljieh, Gründerin der ersten Frauenfußballmannschaft in Palästina

Sie gründete das erste Frauenfußballteam im Westjordanland


In Bethlehem aufgewachsen, hat Honey Thaljieh (38) mit Freundinnen das erste Frauenfußball-Team im Westjor- danland gegründet und wurde Kapitänin der palästinensischen Nationalmannschaft. Was bedeutet ihr der Sport und warum ist es wichtig, dass Frauen in Palästina Fußball spielen?

Kinderhilfe Bethlehem: Wann haben Sie Ihre Passion für Fußball entdeckt?

Honey Thaljieh: Ich sah als Kind die Jungs in den Gassen in unserem Wohnviertel in Bethlehem Fußball spielen und wollte mitmachen. Das Spiel, das Dribbeln mit dem Ball, das Zusammensein haben mich fasziniert – ich wollte mitspielen und einfach Spaß haben. Fußballspielen hat mich als Kind glücklich gemacht.

Wie hat Ihre Familie reagiert?

Thaljieh: Mein Vater wollte es mir verbieten: Weil ein Mädchen nicht Fußball spielt, weil er Angst hatte, dass ich mich verletzen könnte, weil er meinte, ich hätte später einen Makel als Frau. Seine Argumente überzeugten mich nicht und weckten erst recht meine Lust weiterzuspielen. Ich war ein rebellisches Kind.

Frauenfußball hat für Sie auch etwas mit Rebellion zu tun?

Thaljieh: Vor allem als ich älter wurde, wurde mir das bewusst. Frauenfußball ist weit mehr als ein Spiel. Es ist die Forderung nach Gleichheit und Gerechtigkeit, nach Befreiung und Selbstbestimmung – und Ausdruck der Hoffnung auf eine gute Zukunft für Frauen.

Besonders für Frauen in Palästina?

Thaljieh: Ja klar, und ich will mit meinem Engagement für den Frauenfußball auch Vorurteile widerlegen und ein stereotypes Bild von palästinensischen Frauen in Frage stellen. Ich will zeigen, dass wir Energie und Freude am Leben haben, dass wir Spaß haben, dass wir etwas verändern wollen und dafür kämpfen.

Inwiefern sind Sie auch Vorbild für andere Frauen?

Thaljieh: Ich bin ein Vorbild für junge Mädchen und ich bin stolz darauf. Ich selbst war noch allein und hatte keine weiblichen Vorbilder. Der Fußball hat mich aber von den Gassen in Bethlehem zum Weltfußballverband in die Schweiz gebracht. Es ist eine wunderbare Geschichte, der Fußball und ich.

Wie erhalten Frauen im Fußball mehr Anerkennung?

Thaljieh: Frauenfußball ist als Sport inzwischen angesehen. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass er nun auch finanziell interessant wird. Lange Zeit war das ein reines Verlustgeschäft. 2019 konnte die Frauenfußball-WM erstmals kostendeckend realisiert werden, und bei der WM 2023 in Neuseeland und Australien rechnen wir sogar mit einem Gewinn.

Was sind heute Ihre Träume?

Thaljieh: Dass die palästinensische Fußballmannschaft sich einmal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. Was mich jetzt schon sehr freut und stolz macht ist, dass Palästina als vollwertiges Mitglied bei der FIFA anerkannt ist – in der Politik fehlt diese Anerkennung noch. Insofern ist Fußball auch wegweisend.

 

Honey Thaljieh studierte in Bethlehem Betriebswirtschaft und schloss später in Europa das Fach Sport-Management mit einem Master ab. Seit 2012 arbeitet sie in der Kommunikationsabteilung des Weltfußballverbandes in Zürich.

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