Jihad al-Yateem - Caritas Baby Hospital

Sinnvoll und erfüllend


Seit 25 Jahren arbeitet Jihad al-Yateem als Kinderkrankenschwester im Caritas Baby Hospital.

Blickpunkt Bethlehem, Ausgabe 47, Dezember 2018

Als Jihad 19 Jahre alt war, tobte in Palästina die erste Intifada. 1988 hatte sie gerade ihren Schulabschluss gemacht. Die Universität in Bethlehem war wegen der Kämpfe für ein Jahr geschlossen. Jihads Eltern sagten: „Wenn du nicht mit dem Studium beginnen kannst, dann heiratest du jetzt.“

Vier Monate später war die Hochzeit. „Aber“, so erinnert sich Jihad al-Yateem, „es war keine normale Hochzeit.“ Wegen der vielen Palästinenser, die in dieser Zeit ums Leben kamen, war Feiern verboten. Im Haus der Braut wurden unter der Eingangstür Zettel durchgeschoben mit der unmissverständlichen Botschaft: „Wenn wir Gesänge oder Feiermusik hören, schlagen wir euch die Scheiben ein.“ Also heiratete Jihad in einem schlichten Gottesdienst, das Festmahl wurde im Haus der Schwiegereltern eingenommen „und das war’s dann“. Das liegt inzwischen 30 glückliche Ehejahre zurück, „und doch denke ich bei jeder ausgelassenen Hochzeitsfeier – das hätte mir damals auch gefallen.“

„Ich weiss, wie Eltern sich fühlen“
Dass Jihad Krankenschwester wurde, liegt an zwei ihrer vier Kinder. Die Mädchen kamen mit einer schweren Erkrankung auf die Welt. Die Mutter verbrachte bei beiden die ersten drei Jahre mehr im Spital als Zuhause. Das weckte in ihr den Wunsch, in Bethlehem Krankenpflege zu studieren. Als die Universität wieder öffnete, begann sie mit dem Studium, ihr Mann unterstützte sie in der Hausarbeit und mit den Kindern. Nach dem Abschluss bewarb sie sich im Caritas Baby Hospital, wo sie seit 25 Jahren arbeitet. „Ich kann aus eigener Erfahrung gut nachempfinden, wie sich die Eltern kranker Kinder fühlen“, beschreibt die 49-Jährige.  

Seit gut zehn Jahren ist Jihad Leiterin des Pflege-Teams in der Neugeborenen- und Intensivstation. In den vergangenen Jahren hat sich viel verändert im Caritas Baby Hospital. Gerade sind zwei neue Intensiv-betten für Kinder eingerichtet worden. „Das Spital hat sich enorm weiterentwickelt, wir können den Familien immer spezifischere Behandlungen anbieten.“ Was aber bei allen Veränderungen bleibt, sind die emotionalen Herausforderungen im Angesicht von Leben und Tod. „Viele Kinder können wir retten. Aber es gibt auch immer wieder Kinder, für die wir nichts tun können, als ihnen die Schmerzen zu nehmen.“ 

Ihre eigenen beiden medizinischen Sorgenkinder sind inzwischen erwachsen und gesund. Drei der vier Kinder von Jihad leben derzeit noch zuhause und gehen unterschiedlichen Berufen nach. Sie sind stolz auf ihre  Mutter – aber sie beneiden sie auch ein bisschen: „Weil meine Tätigkeit so sinnvoll ist und mich seit 25 Jahren jeden Tag aufs Neue erfüllt.“ 

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